2. Sozialpsychologische Grundlagen

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Bildung der Persönlichkeit. Es wird herausgestellt, was die Selbstdarstellung für das Selbst bedeutet und welche Faktoren die Persönlichkeitsentwicklung und Kleiderwahl beeinflussen.

2.1 Das Selbst

Das „Selbst" oder „Ego" ist wesentlich für den Sozialisationsprozeß oder die Natur des Menschen. Das „Selbst" ist keine Entität, die räumlich oder körperlich lokalisiert werden kann, es ist nicht mit dem Körper identisch sondern ein Identitätskonzept. Das Handeln mit Selbstbewußtsein, das Ausüben von Selbstkontrolle, das Zeigen von Gewissen und Schuld und das Treffen von Entscheidungen (unter Bezugnahme der Vorstellung was man ist, war und zu sein hofft) ist charakteristisch für den Menschen. Dies bedeutet, daß der Mensch seine Selbstkontrolle und den Bezug zum eigenen Selbst erst entwickeln muß. Ein Säugling hat noch kein eigenes Körperempfinden oder ein Selbstbewußtsein, seine Handlungen werden von körperlichen Bedürfnissen bestimmt. Einige Körpersignale sind angeboren, doch die Entwicklung des Selbst ist kein biologischer Prozeß. Das Selbstbewußtsein entwickelt sich graduell. Der entscheidende Faktor heißt Sozialisation, da ein Mensch ohne soziale Kontakte kaum einen Sinn für das Selbst entwickeln kann. Das Selbst ist der Teil der Persönlichkeit, der über Wahrnehmungen und Bewertungen von Außen und der eigenen Person ein Selbstbild entwirft und dieses aufrechtzuerhalten versucht.

Ein Neugeborenes ist noch nicht in der Lage, zwischen Körper und Umgebung zu unterscheiden. Das Kind lernt erst langsam, den Unterschied zwischen eigener Anatomie und äußeren Gegenständen zu erkennen. Aber selbst, wenn es das kann, hat es noch kein volles Selbstbewußtsein entwickelt. Wörtern werden Qualitäten zugestanden, die Ereignisse und Objekte bezeichnen und menschliche Eigenschaften werden auf belebte und unbelebte Objekte projiziert. Nach Cooley lernt man den Gebrauch nicht nur durch Nachahmung, sondern das Lernen bedarf einer eigenen Interpretation. Die Verbesserung der Wortgewandtheit zeigt die Entwicklung des Kindes.
 
 

2.2 Die Selbstdarstellung

Goffman (1956) behauptet, das der Mensch sich und seinen Alltag selber inszeniert - gleich einem Theaterstück, um sich selbst darzustellen. Dies schafft er um aufzufallen, um zu beeinflussen, um sich abzugrenzen und um den Eindruck, den andere von uns haben, zu steuern und zu manipulieren. Jedoch hat jeder Mensch auch Schwachstellen. Sei es eine schlechte Ausbildung, Herkunft oder eine Scheidung, er möchte sie kaschieren. Er versucht durch Geheimhaltung die Defizite zu übertünchen. Es gibt verschiedene Bereiche, in denen das Individuum versucht, sich selbst darzustellen. Dazu gehören unterschiedliche rollenspezifische Anforderungen (Mutter, Freizeit, Vorgesetzter).

Goffman arbeitete das Phänomen der „Rollendistanz" aus. Zum einen meint er damit eine „öffentlich signalisierte Abgrenzung von der innegehabten Rolle, welche dazu bestimmt ist, die Differenz zwischen dem eigenen Selbstbild und der implizierten Rollenidentität auszudrücken", und zum anderen eine Distanzierung von den Pflichten dieser Rolle. Seiner Meinung nach betreibt jeder Mensch ein „Selbst-Marketing" mit der ihm eigentümlichen Rolle. Das Selbst ist eine gespielte Rolle, welche aus einer Anzahl sorgfältig ausgewählter nonverbalen und verbalen Handlungen besteht, die das eigene Selbst ausdrücken.

Fest steht, daß „Selbstdarstellung" die Handlungen und Äußerungen, mit denen man anderen (besonders der Öffentlichkeit) zeigt, was man alles kann und geleistet hat, zum Ausdruck bringt. Dazu gibt es viele unterschiedliche Mittel, z. B. Mimik und Gestik, Körperhaltung, Sprache, Handlungsweisen und die körperliche Erscheinungsweise. Der Mensch wandelt sein Selbstkonzept in Körpersignale um, die von dem Gegenüber entschlüsselt werden. Die meisten dieser Signale werden nonverbal und unbewußt übermittelt.
 
 

2.3 Das Spiegel-Selbst

Den Begriff des „Spiegel-Selbst" prägten Alfred R. Lindesmith und Anselm L. Strauss. Dieser Begriff bezeichnet die eigenen Vorstellungen, wie man auf andere wirkt. Es besteht eine enge Verbindung zwischen dem Selbstbewußtsein und der Vorstellung, wie man für andere aussieht. Wenn ein Schauspieler beispielsweise auf einer Bühne steht und einen stark erhöhten Sinn für sich selbst empfindet, gehen ihm Gedanken durch den Kopf wie: „Wie sehe ich aus?", „Was denken die von mir?" und „Was für einen Eindruck mache ich?". Selbstbewußtheit ist der Zustand, in dem man sich befindet, wenn man selbstbewußt ist und sich vorstellt, wie man für andere aussieht. Durch diese Verbindung kam Cooley auf den Ausdruck „Spiegelbewußtsein". Wenn jemand vor dem Spiegel steht und sein Äußeres (Gesicht, Haare, Figur...) betrachtet, stellt er sich die Gedanken im Geist der anderen über seine Erscheinung, Verhaltensweisen, Charakter, Bedürfnissen und Zielen vor. Dadurch wird er unterschiedlich beeinflußt. Diese Art von Selbst-Idee besteht aus drei Elementen. Zum einen die Vorstellung unserer Erscheinung für einen anderen Betrachter, die Vorstellung seines Urteils über uns und zum anderen Selbst-Gefühl (Stolz oder Beschämung). Wesentlich ist das vorgestellte Urteil des anderen, was uns stark beeinflußt, aber nicht mit Hilfe eines Spiegels zu erkennen ist. Die Fähigkeit, sich selbst durch die Augen von anderen zu visualisieren, muß durch Lernprozesse erworben werden. Das Körperimage, daß ein Mensch darstellen kann, hat eine große Wirkung auf das eigene Empfinden und sein Verhalten anderen gegenüber.

Daraus resultierend kann man sagen, das der Mensch auch seine Umgebung auf sich projiziert. Das heißt, wenn ich mir Fotos anschaue, projiziere ich das, was ich sehe, wahrnehme und als ankommende Signale enkodiere, auf mich selbst und mein Äußeres.