4. Textproduktion und Textrezeption

Dieses Kapitel dient, wie in der Einleitung bereits erwähnt, der Erklärung, wie man innere Sprache (Gedanken) zu äußerer Sprache (Texten) umwandelt. Ebenso wird an dieser Stelle dargestellt, wie sich Sprachzeichen organisieren.

4.1. Didaktik der Textherstellung

Zahlreiche methodische Vorschläge im Aufsatzunterricht liegen der Annahme zugrunde, daß sich kognitives Lernen positiv auf die Fähigkeit schriftlicher Äußerungen auswirkt. Allerdings scheint das Anknüpfen an Wissen unnötig zu sein. Im Unterricht geht es darum, den Schülern beizubringen, was erwünscht und was nicht erwünscht ist für ihre Schriftsprache. Dieses Erfüllen von geforderten Inhalten ist kein geeigneter Ersatz für Didaktik. Didaktische Kenntnisse werden durch die Textanalyse erworben und sollen nachhaltig eine handlungssteuernde Funktion übernehmen, die in der häufigsten Unterrichtsversion so nicht stattfindet. In solchen Fällen wird meist nur Entscheidungshilfe über Formulierungsalternativen gegeben. Dem Wissen über Texteigenschaften kommt somit normative Funktion zu.

„Es scheint mir nicht unangebracht zu sein, Wissensbestände die in der eben skizzierten Weise zustande kommen und Handlungssteuerung nur auf dem Wege der Normierung von Auswahlentscheidungen zu leisten vermögen, als Pseudokognitionen zu bezeichnen." In den Vorschlägen zu einer operativen Stilistik geht es um das selbständige erarbeiten von Formulierungsmöglichkeiten. Schüler sollen lernen, einzelne Sätze in Texten zu überarbeiten und die Konsequenzen der Änderungen zu reflektieren. Daraus ergibt sich kaum die Möglichkeit, steuernd in die geistige Vorwegnahme des Textproduktes einzugreifen. In der Reflexion des sich daraus resultierenden didaktischen Problems kommt man auf den Begriff der inneren Sprache. Gössmann (1979) definiert den Begriff der inneren Sprache als sprachliche Impulszone des Bewußtseins.

Wygotski (1971) versucht den Prozeß des Schreibens mit der inneren Sprache in Einklang zu bringen. Sie ist grundlegend für den Schreibprozeß. Daraus ergibt sich die methodische Konsequenz, daß sich die innere Sprache durch den Umgang mit Dingen und Sachverhalten herausbildet.

Wild (1980) nennt seine methodische Konsequenz den Königsweg. Er beschreibt die Verbindung von Textproduktion und Textrezeption. Wygotski nimmt an, das schriftsprachliches Verhalten das Vorhandensein der inneren Sprache bereits voraussetze. Auch gibt es eine zeitliche Nähe zwischen Schriftspracherwerb und innerer Sprache. Da die innere Sprache unerläßlich für den Schrifterwerb ist, wird sie zu äußerer Sprache umgewandelt, was dann zum aktiven Gebrauch von Schriftsprache führt. Die Frage, ob die strukturellen Unterschiede zwischen innerer und äußerer Sprache in syntaktischer und semantischer Hinsicht zu groß sind, läßt sich mit nein beantworten. Voraussetzung dafür wäre, daß der Gebrauch von innerer und äußerer Sprache empirisch und theoretisch gerechtfertigt wäre. Verschiedene empirische Arbeiten geben jedoch lediglich Anhaltspunkte, die ohne nähere Begründung nicht als Belege gewertet werden können. Zudem gibt es keine Begründung für eine aktive Rolle von innerer Sprache beim Gebrauch für Schriftsprache.

Leont’ev (1975) unterscheidet zwischen innerem Sprechen, innerer Sprache und innerer Programmierung. Als Vorstufe der inneren Sprache könnte das egozentrische Sprechen gelten. Die innere Sprache ist die nach innen verlegte, kognitiv wirksame Sprache für sich selbst. Sie kann von subvokalischen Artikulationsbewegungen begleitet sein. Dagegen ist inneres Programmieren ein unbewußtes Schema, in dessen die sprachliche Äußerung erzeugt wird. Das kann entweder zu äußerer oder durch semantische Regeln zu innerer Sprache entfaltet werden. Dadurch hat innere Sprache seine Wurzeln im inneren Programmieren. Dementsprechend muß alles, was über spezielle kognitive Funktion von innerer Sprache gilt, auch für das innere Programmieren gelten. Die Unterscheidung verliert somit an Wert.

Leontjew und Galperin entwickelten 1969 die Theorie der etappenweisen Herausbildung geistiger Handlungen:

Als Folge von didaktischen Maßnahmen oder spontanem Lernen werden die Prozesse des Interiorisierens und Verkürzens von äußeren Handlungen zu inneren Operationen charakterisiert. Operationen sind Teilhandlungen zur Ausführung und Steuerung komplexer Handlungen. Sie haben einen zweifachen Ursprung:

Operationen können durch Anpassung und Habitualisierung nachgeahmter Handlungen sowie durch Ableitung aus bewußt ausgeführten Handlungen erworben werden. Da sich Operationen durch Automatisierung verkürzen können, müssen nicht mehr alle Komponenten, die beim Aufbau der entsprechenden Handlungsfähigkeit beteiligt waren, zu deren Ausführung erforderlich sein.

Die Grundlage für die Produktion von Operationen ist das Konstruktionsschema des inneren Programms. Geistige Aktivitäten werden zum Teil aus der inneren Sprache heraus gesteuert. Die innere Sprache besteht aus einem System von aufeinander bezogenen Operationen, die ihren Ursprung in Tätigkeiten der äußeren Sprache haben. Die äußere Sprache ist durch Didaktik beeinflußbar. Nach Piaget sind Operationen systematisch organisierte Probehandlungsschemata zur kognitiven Bewältigungen von Problemlösungen. Sie sind nicht mit der Annahme zu vereinbaren, innere Sprache sei eine auf Prädikation verkürzte Sprache.

Lehr- und Lernhandlungen müssen systematisch entwickelt werden. In dem Maße, wie ein System von Operationen zur Steuerung schriftsprachlicher Äußerung führt, macht die Didaktik der Textherstellung pseudokognitives Wissen überflüssig und durch Kognitionen ersetzbar.

4.2. Strategien alltäglichen Sprechhandelns

Das Substantiv „Strategie" ist ein Grundbegriff der mathematischen Spieltheorie. Diese geht davon aus, daß auf einen vorausgegangenen Spielzug eines Spielpartners alternative Reaktionen möglich sind. In der amerikanischen Konversationsanalyse versteht man unter `strategischer Interaktion’ soviel wie „doppelbödiges Interagieren". Das heißt, man will etwas anderes als man vorgibt. Es geht hier um einen jeweiligen Sprecherbeitrag bzw. darüber hinausreichende Ziele. Eine zentrale Frageformulierung ist, was der Kommunikationspartner eigentlich will. Bei Frankenberg 1976 ist der begriff „Strategie" einer von zwei Typen perlokutiver Effekte. Strategie ist die erwartete Auswirkung einer Sprechhandlung (Perlokution1). Zum Beispiel ist das Ziel eines Vorwurfes die Einschüchterung des Gegenüber. Das Einschüchtern selbst kann nur Etappenziel sein. Die Perlokution2 ist das anvisierte Interaktionsziel, beispielsweise die Disqualifikation des Partners.

Klaus R. Wagner gebraucht den Strategiebegriff in der Zusammensetzung „Sprecherstrategie-Illokution". Die Strategie des Sprechers ist ein situativer Verhaltensplan für Sprach-Handlungen. Der Sprecher wählt in ständiger Rückkopplung die wirkungsvollste Sprechaktkombination aus. Illukation meint den Handlungsaspekt, aber eben nicht das Interaktionsziel. Insofern ist die Definition von Wagner fragwürdig.

Apelthauer definiert den Begriff Strategie wie folgt:

„Unter einer Strategie versteht man einen Handlungsplan, der zu einem bestimmten Ziel führen soll und zusätzliche Teilpläne enthält, falls ein Unterziel sich nicht wie erwartet erreichen lässt. Unter einer Taktik hingegen ist eine Reaktion zu verstehen, die aufgrund von unmittelbar vorausgehenden Handlungen des Gegners konzipiert und durchgeführt wird, zu verstehen." Nach Schecker wird hier begrifflich nicht klar unterschieden. Strategie enthält mehr als nur Planungen globaler Art. Es besteht in diesem Sinn kein Unterschied zwischen strategischen und taktischen Aspekten.

Muckenhaupt erläutert den Zusammenhang zwischen `Strategie’ und `Taktik’ so: Strategie ist nach ihrem Nutzen bewertbar, ob der Spieler mit der gewählten gewinnt. Taktik bedeutet, der Spieler kann die Strategie unter ähnlichen Umständen wiederholen, er kennt Alternativen und er kann diese Alternative in Bezug auf den Ausgang des Spieles bewerten.

Unter Studenten wurde eine Umfrage gemacht. Diese ergab, daß besonders höflich formulierte Aufforderungen nicht besonders verpflichtend wirken. Dagegen wirken unfreundliche, autoritäre besonders gut. Eine Kombination aus Fragesatz, Konjunktiv, dem Modalverb „können", Partikeln „nur" und „eben" und Lexemen der Gruppe „bitte" und „entschuldigung" halten den Verpflichtungsgrad der Aufforderung maximal niedrig. Sobald davon Ausdrucksmittel gestrichen werden, steigt der Verpflichtungsgrad. Ein Beispiel:

„Würden Sie (bitte) das Salz herüberreichen?

Bitte reichen Sie mir das Salz herüber!

Ich möchte (gerne) das Salz haben!

Ich brauche das Salz.

Das Salz (bitte)!"

Das Problem der Aufforderungssteigerung diskutiert Hundsnurscher 1976 ausführlicher unter dem Stichwort „Insistieren". Das bedeutet, daß der Sprecher trotz eines Mißerfolgs sein Ziel weiterverfolgt, um sein Gegenüber noch umzustimmen. Diese Weiterverfolgung wirkt jedoch nur dann verpflichtend, wenn der Zuhörer die Wiederholung als verpflichtende Äußerung auch verstanden hat. Um seinen Gesprächspartner höflich zu behandeln, eröffnet man ein Gespräch mit einem möglichst niedrigen Verpflichtungsgrad. Man will vor seinem Gegenüber gut dastehen. Dementsprechend versucht der Sprecher, ohne von der öffentlichen Wertung erfaßt zu werden, die Erhöhung, wenn es geht, gering zu halten. Dazu braucht er Sprechhandlungen. Die Sprechhandlungstheorie:

Diese Sprechhandlungstheorie enthält drei Analyseebenen. Für die Strategie der dokumentierenden Form ist eine Werte-Skala typisch, auf der schrittweise ein spezifischer Wert angenähert werden soll. Bei Aufforderungen ist die Verpflichtung, bei Behauptungen die Intensität des Wahrheitsanspruchs und bei Vorwürfen die Integrität des Gesprächspartners betroffen und gemeint. So kann man eine Disqualifikation des Gegenübers erreichen.

4.3. Klassifikation und Gattungen

Prinzipiell ist Klassifizieren eine metasprachliche Leistung. Sie folgt in ihrer Offensichtlichkeit der Komplexität von Sprachzeichen. Hartwig Kalverkämper legt folgende evidente Gesetzmäßigkeit fest: „Je komplexer die Sprachzeichen vorkommen, desto offenbarer wird klassifiziert und desto selbstverständlicher wird dies auch kundgetan." Ein geringer Grad an Komplexität besagt häufigen Gebrauch und weite Verfügbarkeit, was eine hohe Funktionalität und eine bewusste Reflexion mit sich bringt. Laute werden segmentiert und klassifiziert, sie leisten eine Grundfunktion der Kommunikation. Die nächste, höhere Ebene bilden einfache sprachliche Zeichen. Durch ständige Rekurrenz und Frequenz zeigen auch sie nur selten eine klassifikatorische Leistung zwischen Sender und Empfänger. Die beiden erbringen Klassifizierung, wenn sie den Sprachzeichen grammatische oder lexikalische Funktion zuordnen. Zur Organisation von Sprachzeichen ist das die Vorraussetzung. Auf der nächst höheren Komplexitätsstufe stehen die Sätze. Ihre Klassifikation ist zum großen Teil pragmatisch motiviert. Es gibt zum Beispiel:

Sie und weitere Klassifizierungen bestimmen beherrschend die Sendestrategie und die Rezeption. Klassifikation kann durch metasprachliche Umsetzung noch verstärkt werden. Zum Beispiel Befehle, Fragen und Verlangen.

Die Ebene der Texte erreichen wir durch Verdichtung der Komplexität. Klassifikation ermöglicht die Überschaubarkeit und Ordnung im Informationsfluß. Das Klassifizieren des primären sprachlichen Zeichen, den Text, nennt man konzertantes Klassifizieren, deren Ziel das umfassende Ganze ist. Dementsprechend richtet sich die Sendertätigkeit aus, und auch der Rezipient richtet seine Aufmerksamkeit darauf, um den Text als Ganzheit einschätzen zu können. Der Sender sendet über die Sprachebenen -was natürlich auch für den ganzen Text gilt- Meta-Informationen. Seinerseits nimmt der Empfänger die Komplexität der gelieferten Elemente auf und interpretiert sie auf die Meta-Information hin. Die Meta-Information ist die Qualität, die vom Ganzen getragen wird. Durch ihre Signalgebung wird das Ganze verstanden. Sie ist ein Prinzip bei der Wahrnehmung und mehr als die Summe textueller Gesamtheit. Die Texte haben für diese elementare Information die Bezeichnung Gattung oder Gattungszugehörigkeit.

Textproduktion und Textrezeption sind sinnvoller, und deshalb notwendigerweise, vorstrukturiert. Gattungszugehörigkeit steuert klassifizierend die Textproduktion und erleichtert durch Klassifizierung die Textrezeption. Beide Strategien unterliegen dem kommunikativ nützlichen Gebot der Ökonomie, die die Vielfalt möglicher Texte strukturiert. Dies bedeutet, daß der Sender verbindliche Richtlinien beachtet und berücksichtigt, und daß der Empfänger durch die für den Text signalisierte Klassenzugehörigkeit Hilfe bei der Rezeption erhält. Der ökonomische Effekt, die Reduktion, bezieht sich auf Merkmale, welche die Kommunikationspartner belastet. Diese Belastungen sind zum einen die Pluralität der Beziehung von Ausdrucks- und Inhaltsebene, und zum anderen die Polyfunktion der komplexen Sprachzeichen. Durch die Filterwirkung wird der Text einer bestimmten Gattung zugeordnet, bestimmte Merkmale werden als relevant hervorgehoben oder abstrahiert. Auf diese Weise steuert die Klassifikation von Texten in Gattungen eine mögliche Kreativität bei der Textproduktion und lenkt die Rezeption in kalkulierende Einstellungen. Da die beiden Kommunikationspartner sich nicht explizit auf die Gattung einigen, gibt es verschiedene Signale. Weinrich (1971) spricht hier treffend vom „Codewechsel-Code", wozu beispielsweise ein Theatervorhang, eine Publikumsanrede oder tatsächliche Nennungen der Gattung gehören. Diese metakommunikativen Hilfen stellen „einen wesentlichen innersprachlichen Faktor" dar, wie Jakobson (1974) betont. Diese Metahilfen sind kodifiziert und bieten Sender und Empfänger die gleiche Hilfe. Sie sind erlernt durch Texterfahrung. Da die Klassifizierung von Texten in Übereinstimmung mit dem Partner im Verlauf des Textes geschieht, kommt es auf die Anpassungsfähigkeit und kommunikative Kompetenz des Partners an. Die Reduktion verläuft also, ganz gemäß den semiotischen Qualitäten von Zeichen und Zeichensystemen in konventionalisierten Bahnen und bildet so ein soziales Wissens- und Erkenntnisgut.

Die Klassifizierung ist nicht nur vom Erfahrungsschatz der Kommunikationspartner abhängig, sondern auch von Festlegungen, Bestimmungen und Konventionen von außen. Sie sind aus der Tradition der Regelpoetiken bekannt. Sie machen Klassifikationsmerkmale explizit und beziehen sich auf die Senderposition. Sie geben Instruktionen für die Textproduktion, indem sie eine geforderte Relation zwischen der Ausdrucks- und Inhaltsebene des komplexen Sprachzeichens herstellen. Diese Vorgaben geben nicht nur dem Sender Hilfestellung, sondern helfen auch dem Empfänger mit seinem Erwartungshorizont.

Der `Normverstoß’ ist die Gegenkraft der `Norm’. Im Bereich der Grammatik, Stilistik und Poetik findet er sich verstärkt wieder. Einerseits ist Konformität langweilig, aber andererseits bringt Inkonformität zu viel Unordnung mit sich. Diese Spiel zwischen Anpassung und innovatorischer Ausdehnung sollte möglichst ausgewogen sein. Es gibt zwei Möglichkeiten der Entwicklung. Einmal kann man die klassifikatorische Unschärfe steigern, und man kann sich der schärferen Konturierung zuwenden. Das gilt auf allen Ebenen des Sprachsystems. Diese Wechselspiel kann sich nur in einem System vollziehen, das gesichert ist. Klassifizierung geschieht im systematischen Verbund aller möglichen und vorhandenen Gattungen. Vor dem Hintergrund eines funktionalen Orientierungssystems wird das Einzelne eingeordnet. Auf das System wirken sich verschiedene Dinge aus:

Es zeigt sich, daß die Klassifikation immer der Tradition und Konvention angeheftet bleibt, aber in gewissen Merkmalen Änderungen annimmt. Zum Beispiel durch Übernahme von Nachbargattungsmerkmalen.

Nach Jauß (1972) muß man erkennen, daß Kommunikation, also Textverwendung, nicht ohne Systembezug möglich ist:

„Wie es keinen Akt sprachlicher Kommunikation gibt, der nicht auf eine allgemeine, sozial oder situationshaft bedingte Norm oder Konvention zurückbeziehbar wäre, so ist auch kein literarisches Werk vorstellbar, das geradezu in ein informatorisches Vakuum hineingestellt und nicht auf eine spezifische Situation des Verstehens angewiesen wäre." Der Prozeß der Klassifikation umschließt die Dreiheit Sender-Empfänger-Text. Die Klassifikation von Texten ist eine erwartbare Senderstrategie, und die Empfängerleistung eine notwendige Vorraussetzung für Kommunikation.

Die fundamentale Aktivität der Klassifizierung brachte schon die Antike dazu, „Text" ganzheitlich zu betrachten. Reflexion hat einen großen Stellenwert innerhalb der drei Bezugsgruppen: Künstler, sein systematisch geordneter Erfahrungsschatz und die dadurch planvoll ausgeführte Handlung. Durch die Reflexion rechtfertigen sich drei Kunstgattungen:

Die Einpassung in die sozialen Umstände, die sich aus Sender, Empfänger, Zeitpunkt und Ort ergibt, ist wichtig. In der antiken Poetik wurde noch ein anderes, von Aristoteles „Mimesis" genanntes Leistungsmerkmal berücksichtigt. Mimesis bezeichnet die künstlerische Nachgestaltung der Wirklichkeit. Folgende Merkmale wurden beim Klassifizieren von Sprachkunstwerken berücksichtigt:

Die Kodifizierung, die Ökonomie/die Reduktion, die Komponente des Sozialbesitzes /die Historizität und die Kommunikationssituation, auf der auch damals schon der Schwerpunkt lag, da sie über die Gestaltung des `Redegegenstandes’ entschieden hat. Aristoteles legte bestimmte Merkmale für den Begriff der Gattungen fest. Seitdem ist bis heute das Verständnis des Begriff Gattungen vorgeprägt:

„ Gattungen sind Formen einer Textklassifikation mit historischer Dimension (1), auf literarische Texte bezogen (2), dabei (mehr oder weniger) präskriptiv (normsetzend und somit vorzugsweise produzentenbezogen) (3), und sie sind mehr oder weniger stak eingebunden (4) in die Stellenwerte eines (Gattungs-) Systems. Die Frage der Klassifizierung stellt sich auch bei Textgattungen. Die Linguistik sieht den Gegenstand etwas anders als die Gattungspoetik. Das 20. Jahrhundert hat den Begriff „Text" in der Textsorten-Linguistik erweitert. Man spricht von literarischen und nicht-literarischen Texten. Durch einen texttheoretisch gesteckten Rahmen soll unser „Typenwissen" erkannt werden. Dazu dienen Strategien der kommunikativen Fähigkeit, Texte zu klassifizieren. Die Unterscheidung der Begriffe „Textsorte" und „Gattung" ist nur unwesentlich. Sie unterscheiden sich nur quantitativ (Extension) und qualitativ (Methodik, Ziel). Als konstitutives Merkmal wird die Kommunikationssituation in der Antike, ebenso wie in der Textsorten-Linguistik berücksichtigt. Die Literaturwissenschaft thematisiert diese Relation unter dem Aspekt der Gattungen. Sie sollen im Wandel der Zeit ergründet werden. So spielt der gattungspoetische Rahmen, in dem ein literarischer Text steht, eine determinierende Rolle. Gerade durch die Tradition ist eine gewisse Offenkundigkeit, was den „Sitz im Leben" und den „Kanon" betrifft zu erwarten.

Da sich die Textsorten-Linguistik einen absetzenden Charakter gegenüber der Gattungspoetik geltend macht, kann sie keine Hilfe bieten. Da eine Situationstypologie, der fehlende Partner der Texttypologie ist, kann die Textsorten-Linguistik hierarchisch geordnete Situationsausschnitte intuitiv aufnehmen und bestimmten Textsorten zuweisen.

Texte, die keinen systematisch geregelten Stellenwert vorweisen und über entweder wenig oder sehr viel Komplexität verfügen, spricht man heute gerne neutral von „Textsorten" („-arten", „-typen").

Nies (1978) stellt in diesem Zusammenhang die Kommunikationssituation als prägend heraus. Die Gattungen bzw. Textsorten sind stark pragmatisch bestimmt. Derartige Texte verlangen ein Klärung von Korrelationen und Hierarchien zwischen ihnen, um die intuitive Sicherheit der Kommunikationspartner bei der Klassifikation von Texten nachzuvollziehen.